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MB Tümmler unserer Hausboot --1.

MB Tümmler - 1.der Anfang

 

 

 

 

 

 

 

Meinem besten Freund, Kollegen, Kameraden und Kumpel

                  Hartmut   --Akke--

gewidmet, der leider viel zu früh auf einer Tour in Norwegen  verstorben ist.

                                 RIP

 

Es war wohl Anfang des Jahres 1960, als ich auf der Teltow Werft in Berlin Zehlendorf am Kleinmachnower Weg meine Ausbildung in Form eines Stahlschiffbaulehrlings begann.

Wir waren glaube ich 4 Lehrlinge die neu anfingen und erst ein mal die verschiedenen Stahlbearbeitungsmethoden, wie Feilen, Schrubben, Sägen, Biegen, Treiben oder Brennen bzw. Schweißen übten, um später den verschiedenen (Ausbildungs-)Gesellen  auf der Helling zugeteilt zu werden.

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(Das Hafenbecken der Teltow Werft mit dem Wohnhaus in dem der "Obermeister" und der Meister Herr Berger auf dem Gelände wohnten. Die Häuser rechts gab es damals nicht, da war die Grenze zur DDR)

 

Ich hatte in der Grundschule nicht solch eine große Lust, war eher ein kleiner Rüpel, der für die Oberschule Praktischer Zweig in der Paulsenstr. im Bezirk Steglitz empfohlen wurde.

Der dortige Klassenlehrer Herr Mäckler hatte mich  dankbarerweise auch wieder in die richtige Spur gebracht.

Nach mehrfachen Absagen u.a. für eine Ausbildung als Chemielaborant ,empfahl mir der Berufsberater eine Lehre als Stahlschiffbauer , die ich auch dann mit gutem Erfolg abschloss.

Die erste Besichtigung der Werft nach erfolgreicher Bewerbung war aber erst einmal ein Schock.

Als ich durch das Tor ging sah ich nur noch dreckiges Rostbraun, Rost, Rost und wieder Rost… überall.

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Teltow-Werft

Der Schock legte sich aber sehr schnell und das Interesse wuchs und wuchs.

Die Ausbildung und die Arbeit machten mir mehr und mehr Spaß und Freude.

Neben der wöchentlichen ganztägigen dreijährigen Berufsschule auf der Insel Eiswerder in Spandau besuchte ich dort noch jeweils an zwei Abenden 4 Std und am Sonnabend ganztags eine Fortbildung zur Fachschulreife.

Das hieß ich hatte ein Ziel: Schiffsbauingenieur!

 

Im Leben läuft es jedoch oft nicht immer wie geplant, man muss sich aber immer wieder neue  Ziele stecken und  zu eigen machen!

Während der dreijährigen Lehre hatte ich dann meinen später besten Freund Hartmut Karsten , genannt "Akke", kennengelernt.

Wir wohnten beide im Bezirk Steglitz und später lange Zeit zusammen auf der "MS Tümmler" meist auf dem Griebnitzsee.

Er zwar ein Lehrjahr voraus, musste dann aber noch eine halbe "Ehrenrunde" drehen, weil er bei der Theorie patzte.

 

Der Zufall ist ein Teil des Lebens!

Wir beide erhielten als Lehrlinge den Auftrag  aus dem 13m langem Motorschiff "MS BRITZ" der Stern- und Kreisschifffahrt den Antrieb auszubauen und das Schiff zur Verschrottung zu zerschneiden.

Bei dieser Arbeit kam uns die ideale Idee das Schiff ohne Antrieb für den Schrottpreis von der Werft zu kaufen !

Der Werftmeister Herr Berger war uns wohlgesonnen und unterstützte uns  dabei.

Wir bekamen damals gerade mal 60 DM Lehrlingslohn monatlich und es wurde davon je 25 DM einbehalten, bis der Schrottpreis von 250 DM abbezahlt war.

Das Mittagessen kostete in der Kantine für Lehrlinge 30 Pfennige und wir haben da für den ganzen Tag vorgesorgt!.

Außerdem wohnten wir beide noch bei "Muttern".

So waren die 5 Monate zu überbrücken.

 

So wurden wir Eigner des ehemaligen "Personendampfers" MS Britz der Stern- und Kreisschifffahrt mit einer Kapazität für 57 Personen.

 

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Wir tauften es auf den Namen "Tümmler" und bauten es im Hafen der Werft liegend zu einem bewohnbaren Schiff mit Kojen und Ofenheizung um.

 

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Die zwei Schlafkojen hinter der bunten Wand mit der gemütlichen Sitzecke vor dem Ofen. Ein Schreibpult und Kleiderschrank befand sich auf der anderen Seite. Natürlich gab es Gardinen an den Fenstern!

 

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Was war denn da los? Jedenfalls sieht man den "Allesbrenner".

Wir waren schon gut vorangekommen, da kündigte sich 1962 die Schließung der Werft an.

Die Ausfahrt größerer Schiffe aus der schmalen Hafenausfahrt war nicht möglich, ohne die in der Mitte des Teltowkanals liegende Grenze auch nur ansatzweise und kurzzeitig zu "verletzen". Somit war der Bau weiterer größerer Schiffe  dort  nicht mehr möglich, was das Ende für  dieser traditionsreiche Werft bedeutete. Wir Lehrlinge konnten die Lehre auf der Werft der Deutschen Industrie Werke (DIW) beenden und ein Großteil der erfahrenen Belegschaft fand dort auch eine Anstellung.

 

Auch wir mussten aus dem Hafen raus und durften (eigentlich nicht weit weg in Kohlhasenbrück/Dreilinden)  neben einem dortigen Anleger der Stern- und Kreisschifffahrt/ Teltowkanal AG am Lockschuppen der ehemaligen Treidelbahn als Winterlager fest machen.

Die meiste Zeit des Jahres lagen wir aber auf dem Griebnitzsee gegenüber dem Campingplatz Kohlhasenbrück vor Anker, direkt dort wo die Grenze zur DDR begann.

 

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Wir waren sehr dankbar, denn auch dort fror der Kanal auf Grund der Einleitung warmen Wassers vom Kraftwerk Lichterfelde sehr selten zu!

Das eigentliche Problem war, wie kommen wir ohne Antrieb dort hin?

 

Die etwa 5-6 km nach Kohlhasenbrück/Dreilinden waren DDR-Gebiet und für uns nicht benutzbar.

Wir mussten den Teltowkanal Richtung Innenstadt, über Britzer Schleuse in den Neuköllner Schifffahrtskanal, über die Charlottenburger Schleuse in die Spree (wo wir endlich die Strömung nutzen konnten) und  in die Ober-Havel, über die Spandauer Schleuse in die Unterhavel mit Wannsee, kleinen Wannsee, Pohlesee, Stölpchensee zum Griebnitzsee und der dortigen Mündung des Teltowkanals Kohlhasenbrück Richtung Dreilinden, wieder kurz vor der Grenze.

 

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An der Karte kann man diesen gewaltigen "Umweg" durch die Innenstadt von West-Berlin deutlich erkennen.

 

Das sind gut über 60 km, die wir einen großen Teil "treidelnd" bewältigt hatten. Einer von uns hatte vom Land  mit einer Leine das Schiff gezogen und der Andere es gesteuert.

So sind wir dann mit etwa  knapp 1km/h vorangekommen.

 

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Der Teltowkanal mit verwachsenen Treidelweg. Früher gab es kaum Bäume

 

Unter neueren Brücken war der "Treidelweg"  jedoch weg, da musste eben  improvisiert werden.

Nochmals Schwung aufnehmen, Leine zurückwerfen, irgendwie auf die andere Seite der Brücke kommen, Leine wieder auffangen und weiter "treideln". Aber auch vor der Brücke auf das Schiff springen und nach der Brücke wie an Land springen war angesagt. Wenn die Fahrt nicht reichte hatten wir lange Stangen um am Ufer zu "staaken".

Es war eine anstrengendes, spannendes und ereignisreiches Unterfangen.

 

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Die erste Etappe von an einem Wochenende auf dem Teltowkanal war bis zu Hafen Steglitz, der über den Winter leider nicht eisfrei war. Wir erhielten da vom Hafenmeister eine "Liegegenehmigung" bis zum Frühjahr.

 

Auf dem Weg wurden wir noch  an einem Übernachtungsplatz in Tempelhof von der Polizei überprüft.

Den Anwohnern kamen wir verdächtig vor!!!

 

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Im Hafen Steglitz blieben wir auch über den Winter, denn es war nicht weit von unseren Wohnorten entfernt und wir konnten mit der Ofenheizung auch im Winter am und im Schiff arbeiten.

 

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Wir bekamen dort auch Strom und konnten auch elektrische Geräte benutzen, auch Schweissen.

Jedoch mussten wir mehrfach das Eis rund herum aufhacken, damit der Rumpf nicht zerquetscht wird.

Es war ausgerechnet ein kalter Winter.

 

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Wenn es geregnet hatte musste man auch mal von Hand "lenzen"( Wasser auspumpen"

 

Wir hatten unter anderem auch im Heck des Schiffes eine Aufnahme für einen Außenbordmotor ausgeschnitten, da wir uns im Klaren waren einen Einbaumotor mit Wellenantrieb nicht mehr einzubauen, schon wegen des Aufwandes und der zu hohen Kosten.

 

Akke und ich hatten auch jeweils ein Paddelboot, beide waren mit 1-2PS Seitenbordmotoren (Marke König und Sachs) ausgerüstet.

 

 

Hier ein Beispielbild wie dies funktionierte!

 

Uns kam die Idee diese Motoren auch bei dem Weitertransport durch die Kanäle der Innenstadt zu nutzen.

Im Frühjahr ging es dann weiter, wie schon beschrieben, mit Seil vom Land aus ziehen (treideln),  mit langen Holzstangen an der Uferseite vom flacheren Grund abstoßend (staaken) und durch besonderer Vorrichtungen mit geringer aber eigener Motorkraft über eine lange Schraubenwelle

den Vorschub nutzend (neudeutsch: longtail).

 

Ich glaube es war dann um die Osterfeiertage, die wir als Freizeit  ausnutzten.

Natürlich hatten wir unsere Freundinnen  irgendwann auch an Bord, als Smutjes und für  die Kombüse zuständig, aber auch als Hilfsmatrosen.

 

An zwei der drei Schleusen war es besonders kritisch. Man behandelte uns als "Dreck" und wollte uns  erst nicht schleusen und irgendwie Hilfe war nicht zu erwarten

Die Schleusen standen damals unter Verwaltung der DDR.

Die Mannschaft eines Binnenschiffes und dann auch noch ein Dampfer  Stern- und Kreisschifffahrt  halfen uns beim Antrieb vom Warteplatz vor der Schleuse um noch einfach zeitgerecht hineinzufahren!

"Bremsen" mussten wir an der Spundwand der Schleusen "mit Hand".

 

Die beiden Motoren konnten nur kurzzeitig in besonderen Situationen eingesetzt werden, denn durch die geringe Rumpfgeschwindigkeit wurde nicht genügend Kühlwasser bei Höchstleistung zugeführt.

 

Wir schafften es jedoch bis zur Brücke an der Heerstr. in Pichelswerder/Spandau.

Wir waren da ja schon auf der "Unterhavel" und hatten keine Schleusen mehr bis zum anvisiertem Sommerliegeplatz.

Die "Damen" verabschiedeten sich. Wir blieben an Bord gingen von dort zur Arbeitsstelle, die lag ja nun auch in Spandau und war nicht weit entfernt.

 

 

 

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Es war noch etwas wichtiges an diesem Ort.

Mein Holzklinkerpaddelboot lag in einem Bootshaus direkt auf der anderen Brückenseite.

Nach der Arbeit wenige Tage später ging es dann im Havelkanal "staakend" Stromabwärts mit angebundenen "Beiboot".

 

Dann ging es in die breite offene Havel und mit viel Schwung schafften wir es bis Schildhorn, dann weiter im flachem Wasser fahrend, abwechselnd  einer am Steuer und der andere im Wasser ziehend oder das Boot schiebend. Wenn es mal tiefer wurde nahm man Schwung und paddelte bzw. staakte.

Natürlich kletterte man dann dafür wieder auf das Schiff!!

 

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Es war östlicher Wind, das kam uns über die freien Flächen der Havel und dem Großen Wannsee zu Gute.

 

Am Stölpchensee nahmen wir noch das Paddelboot von Akke mit.

Wir legten dann voll ausgerüstet mit Beibooten, die uns flexibel machten, mit der Spitze des Schiffes auf Grund am rechten Ufer des Griebnissees an.

 

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Wir hatten es zum Sommerliegeplatz geschafft!!!

 

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Von der sog. "Grenztruppen zu Wasser" der DDR wurde wir sofort als "Fremdkörper" beobachtet und auch später beinahe entführt!

 

Demnächst berichte ich weiter, denn es fällt mir noch so vieles ein!

 

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