· 

Dann eben zur Polizei --Teil 1--

 

                                                            Trübe Aussichten

 

 

 

Die Lehrzeit war vorbei und auch mit einem guten Zeugnis war der Schiffbau in West-Berlin auf dem absteigenden Ast, so auch bei den Deutschen Industrie Werken (DIW) in Spandau. Voraussetzungen für ein Studium in Hamburg oder Duisburg zum Schiffbauingenieur waren vorhanden, aber die Umstände und das Finanzielle machten ein Ausbildung unmöglich.

 

Ok, abgehakt!

 

Auf der Werft bei den DIW wurde reduziert. Ich hatte mich freiwillig zum Waggonbau "Zwei in Einem" gemeldet, mit einer kurzen Eigennweisung als Sigma-Schweißer. Ich schweißte dort doppelwandige ovale Tankbehälter  für Gefahrengutstoffe. Sie wurden anschließend paarweise auf die Waggons montiert.

Die Tanks mussten, auch unter Druck, absolut dicht sein.

Mit diesem Halbautomatenschweißen unter Gas kam ich gut zurecht und meine Schweißnähte waren immer einwandfrei. Es wurde mit Akkordlohn in Früh- und Spätschicht gearbeitet, was mir nicht so lag.

Habe damals dann schon über 1700 DM verdient.

Das war schon eine Menge Holz und ein wenig Anreiz.

 

                                                          auch noch so was!

 

Nach der Spätschicht bin ich oft am "Stutti" gelandet. Am Stuttgarter Platz in Charlottenburg aus der S-Bahn gestiegen und habe mich dort im Milieu auf dem Kiez bewegt.

War zwar nicht eine leptosome Erscheinung ,eher klein athletisch, ein kräftiger Kerl mit starken Armen und großen klobigen Händen. Auch sah ich wohl nicht so schlecht aus und wirkt selbstbewusst.

Hatte da schon viel für mich Neues gesehen und auch getestet, passt aber nicht hier darüber zu schreiben.

 

Na ja, ich habe auch dort oft Streit und Zoff erlebt, jedoch keiner hat mal mit mir etwas angefangen.

 

Außer in meiner "Stammkneipe" im einem Schöneberger Kiez, wo wir eine kleine Wohnung hatten. Ich weis heute nicht mehr weshalb, aber ich hatte einen Anzug an, trug ein Hemd mit Schlips,  und wollte, es war schon abends, noch ein Bier vom Hahn trinken. An der Theke stehend wurde ich, von einem  "Kohlentrimmer" wegen meiner Kleidung angemacht. Der mich doch  tatsächlich aufforderte nach draußen zu kommen, da würde er mir "Anzug-Bubi" mal zeigen wo der Hammer hängt. Ich ging ihm nach und war wirklich verblüfft, als er zum Angriff überging, eine rechte Gerade von mir auf seinem Kinn im wutverzerrten Gesicht landete. Ich erschrack fürchterlich, denn der Typ knallte rücklinks auf das Kleinpflaster und blieb regungslos liegen. Ich hatte zufälligerweise den richtigen Punkt getroffen.

Zwischenzeitlich sind mehrere Kneipengäste nach draußen gekommen und schauten mich verwundert aber auch ein wenig bewundernd an.

Als ich bei dem Liegenden leichte Bewegungen bemerkte und andere sich um ihn kümmerten, ging ich die drei Stufen hoch in die Kneipe zurück. Der Typ kam nicht zurück, die anderen Gäste schon!

Von dem Tag hatte ich mein Ruf auf dem Kiez weg und konnte immer mein Bier in Ruhe ohne Stress trinken.

 

Bin ein wenig abgeschweift, aber das viel mir so ein und ich fand dies amüsant.

 

                                                    Der Übergang

 

Gerade ein ehemaliger Altgeselle von der Teltowwerft betätigte sich als heimlicher "Revisor".

Leistikow, sogar sein Name fällt mir noch ein, stand hinter Ecken und Pfeilern mit einer Stoppuhr und registrierte die Zeit der einzelnen Tätigkeiten. Die Preise wurden immer enger, es gab immer weniger "Arbeitsminuten" für bestimmte Tätigkeiten. Das hieß mehr arbeiten für das gleiche Geld oder aber weniger Geld bei gleicher Arbeitszeit.

Mein Entschluss stand fest, diese Arbeit wollte ich nicht mehr lange machen!

 

Ich war aktiver Fußballer, schon über die Jugendmannschaften hinaus, bis zu den Männern bei Stern 1900 in Steglitz.

Ein Mannschaftskollege, wir nannten ihn "Hopper", erzählte mir, dass er von seinem Beruf zur Bereitschaftspolizei gewechselt hatte, jetzt sei er bei der "Notstandsbereitschaft" in Charlottenburg.

Handwerker werden dort gesucht und man arbeitet dort dann mit "Arbeitskombi und Schlips"!

 

Dies ging mir nicht aus dem Kopf, mit Schlips Handwerksarbeiten verrichten!

 

So kam es dann auch, dass ich bei den DIW fristgerecht kündigte und nachdem ich mich bei der Polizei erfolgreich beworben hatte.

Jedoch der gewünschte und voraussichtliche Einstellungstermin verzögerte sich um ein halbes Jahr, da ich in einen "Zug mit abgeschlossener Ausbildung" (also etwas ältere Bewerber) in Lankwitz anfangen sollte und nicht in der Ausbildungsabteilung in Ruhleben mit den 16/17jährigen Schülern.

 

Ich hatte jedoch zwischenzeitlich eine Fahrschulausbildung begonnen. Obwohl ich mich nicht dumm anstellte und wenig Fahrstunden bis zur Prüfung benötigte, wurde das Geld knapp.

Dies plötzliche Freizeitangebot hätte ich gern auf unserem Hausboot MB Tümmler verbracht, aber der Mangel an Geldvermögen nötigte mich eine kurzzeitige Erwerbsquelle mittels körperlicher Arbeit zu generieren.

 

                                                      Lückenfüller

 

So begann ich eine kurze Episode bei der Schrottfirma und Autopresse Zech in Tempelhof, die ich wegen eines kleinen Vorfalles, von dem ich glaube das er zu meinem Charakter passt und sogar kennzeichnet, nicht vergessen habe.

Im Virchow Krankenhaus bauten wir die alte Zentralheizung aus.

Ich konnte mit dem Schneidbrenner umgehen und zerschnitt die Heizrohre und sonstiges in transportierbare Stücke. Nach einem guten Monat waren unsere Arbeiten dort zur überaus vollen  Zufriedenheit des Chefs vorzeitig abgeschlossen.

Danach arbeitete ich nur auf dem Platz, natürlich auch meist wieder Schraub-, Flex- und Brennerarbeiten, aber an verschrotteten Fahrzeugen.

Das war eine Drecksarbeit, die Motoren, Achsen, Tanks, Reifen und sonstige nicht für die Presse geeignete Teile von den Fahrzeugen zu entfernen.

 

Ich hatte gerade einen verdammt dreckigen und anstrengenden Job erledigt und wollte auf die Toilette und dann notwendiges Arbeitsmaterial holen.

So schlürfte ich in den hohen schweren Stiefeln, wärmefester, robuster dicker Arbeitsschutzkleidung und dreckverschmiertem Gesicht über den Hof zur Toilette, in der Hitze des extrem warmen Tages.

Mit dieser Kleidung war ein anderes Gehverhalten ja kaum möglich.

Der alte Zech stand vor dem Bürogebäude und rief laut und ausdrucksvoll zu mir: "Hey, bei uns wird nicht so geschlichen, bei uns wird bei der Arbeit gerannt!!" er hatte wohl meinen verdutzten Ausdruck im Gesicht bemerkt und setzte nach: "Ja, ja bei uns wird gerannt und nicht gelatscht"

 

Eigentlich war ich baff, der meinte dies ernst!

 

Meine Antwort kam dann auch prompt:" Na dann rennen sie mal ins Büro und machen meine Papiere fertig, ich kündige sofort!"

Ich bog in die Richtung der Umkleidekabinen und Duschen ab, säuberte mich und ging mit sauberen Kleidern ins Büro.

Dort war natürlich kein Chef und nichts fertig. Ich sagte zu der Dame, dass ich morgen Nachmittag meine Steuerkarte und  den Restlohn abhole.

Da war auch der alte Zech anwesend und stammelte etwas von, "so war das nicht gemeint" und entschuldigte sich halbwegs.

Ich bekam Papiere und Geld und verabschiedete mich mit den Worten: "Wenn sie gute Leute in diesem dreckigen Knochenjob haben wollen, sollten sie diese dann auch anständig behandeln!"

Die wiedergewonnene Freizeit genoss ich angenehm im angehenden Sommer auf dem Hausboot MB Tümmler und der Erlangung des Führschein Kl. 2 für PKw.

Bereitschaftspolizei in Lankwitz

Am 1. Juli 1965 war es dann soweit, obwohl ich 1cm unter dem Gardemaß von 168 cm lag, bekam ich eine Ausnahmegenehmigung. Warum auch immer, denn sie waren eigentlich rigoros bei den körperlichen Voraussetzungen.

Bild-Url: https://up.picr.de/34943877vw.jpg

 Am Anfang war noch der Polizeikommissar Bronco unserer Zugführer.

Wer ist denn der "Kleine" da rechts außen mit der falschen Haltung?

 

Ich meldete mich in der Kaserne in der Eiswaldstr., um dort kaserniert für 399,-DM monatlich (vorher schon das vierfache verdient)  in der 2. Bereitschaft  3.Zug  das erste Ausbildungsjahr zu absolvieren.

Bild-Url: https://up.picr.de/34943889wc.jpg

 

Untergebracht wurde ich als Angehöriger der 3.Gruppe ( als kleinster im Zug) in der Stube 105 im 1.OG, in einem 5-Bettzimmer.

Bild-Url: https://up.picr.de/34943876ix.jpg

 

 

Wir hatten Vollverpflegung mit Mittagessen in der Kantine, was für mich und die Kameraden der 3. Gruppe teilweise ins "Schnellfressen" ausartete, denn wir saßen am Ende der langen Tischreihe für den Zug.

Bis die erste noch halbwegs gefüllte Schüssel mit Suppe, Kartoffeln, Soße, Fleisch pp. bis zu uns am Ende durchkam, war die Mittagspause  schon fast vorbei und die Vorderen schon satt.

Bei der Nahrungsaufnahme gab es wenig Kameradschaft und Rücksichtnahme.

Bild-Url: https://up.picr.de/34943887zr.jpg

Stube 105 - von oben Wolfgang, Norbert, Peter , "Lucky" und Klaus

Bild-Url: https://up.picr.de/34943883ir.jpg

 

 

Der Bereitschaftsführer der 2. Bereitschaft war ein "Kriegsrückkehrer" Polizeihauptkommissar, der einen großen Borgward fuhr, den er genau gegenüber seinem Büro parkte, hegte und pflegte.

Niemand wagte den Parkplatz zu besetzen, bis einmal einer mit reichen Eltern  von der 1. Bereitschaft nebenan, vermutlich bewusst provozierend mit dem gleichen aber neueren Modell seinen Borgward dort hinstellte.

Es bracht die Hölle los!!

 

Da wir alle im Zug alt genug waren, hatten wir Ausgang bis 02.00 Uhr in der Nacht.

Unserer Zugführer wurde etwas später der stramme junge Kommissar-Anwärter Deter , dessen Karriere mit diesem unserem Ausbildungszug begann.

Später habe ich ihn  nochmal als Leitender Polizeidirektor beim "Großen Lagedienst" getroffen, erschien mir da jedoch abgehoben und überheblich.

Daneben gab es den Truppführer und je ein Unterführer für die drei Gruppen im Zug.

Bild-Url: https://up.picr.de/34943881jq.jpg

 

Theoretische Ausbildung in Polizeikundefächern pp. fand in der Kaserne statt, die praktische Seite auf dem Gelände und sonst wo, oft im Grunewald.

 

Bild-Url: https://up.picr.de/34943906dd.jpg

Schwimmausbildung wurde zur kalten Jahreszeit im Schwimmbad in der amerikanischen Kaserne in Lichterfelde und im Sommer im Freibad am Insulaner in Steglitz durchgeführt.

Bild-Url: https://up.picr.de/34943839lt.jpg

Wer muss wohl da nach oben, natürlich der "Kleinste"!

 

Bild-Url: https://up.picr.de/34943903lt.jpg

Unsere Regenponchos waren gleichzeitig Teile für ein Zelt.

 

Meine erste Skepsis verflog bald und es gefiel mir zunehmend, das ständige Lernen, der geregelte Tagesablauf mi viel, viel Sport, der gewisse militärische Drill und besonders aber die Kameradschaft und der Zusammenhalt in der 3.Gruppe und im Zug.

Bild-Url: https://up.picr.de/34943904gc.jpg

 

Die Bereitschaftspolizei in West-Berlin war die "Einsatzreserve" der drei westlichen Alliierten Kommandeure:

 

  1. Abteilung Eiswaldstr.  für den amerikanischen Sektor
  2. Abteilung Kruppstr. für den britischen Sektor
  3. Abteilung Schulzendorfer Str. für den französischen Sektor

 

Dafür erhielten wir auch eine militärisch geprägte Ausbildung, bis hin zum  Maschinengewehr- und Panzerfaustschießen, Handgranatenwerfen sowie Geländemanöver mit Stahlhelm und Vollausrüstung per Rucksack, pp..

 

 Bild-Url: https://up.picr.de/34943894un.jpg

 

Der Zusammenhalt in der Stube 105 war sehr, sehr groß. Wir waren auch zusammen auf dem Hausboot MB Tümmler und hatten nicht nur an Bord unseren Spaß.

 

Auch am Waldrand der Havel gab es Möglichkeiten sich auszutoben.

 

Spaß und Blödsinn noch ungetrübt, ungebunden und Lust zum Risiko!

 

Uuurraaaahhhh, Kampf der Kümmerlinge!

 

Uns kann doch gar nichts......

 

 

 

Mein erstes Auto ein grauer VW Käfer mit schon großer Heckscheibe, den ich mit "Wechseln"  für 1000 DM erwarb, wurde von Wolfgang, Peter und mir noch im Winter 1965 zu einem kurzen Trip nach Schweden Malmö und Lund genutzt.

Bild-Url: https://up.picr.de/34943907ku.jpg

Ich kann mich wohl wegen der Schrecksekunde heute noch daran erinnern, das an Zehlendorfer Autobahn Auffahrt bei Glatteis eine Pirouette gedreht wurde.

Ich hatte gerade an "freie Fahrt" gedacht und den Heckantrieb auf Touren gebracht, die wies mich der "Fahrtenengel" schnell zu reagieren und vorsichtiger zu fahren.

 

Bei meiner zweiten Tour nach Norwegen war der graue Käfer unser Transportgefährt.

 

Er war unser treuer Untersatz, als ich mit Wolfgang Ruff im Mai  einem fast dreiwöchigen Urlaub in Norwegen, natürlich mit Zelt, machte und um den 17. Mai dem norwegischen Nationalfeiertag herum mit zwei "Jente" aus Trondheim bis zum Polarkreis kurvten.

 

Mit meinem besten Freund Akke war ich schon im vorangegangenen Herbst eine wunderbare 1. Tour durch Norwegen gemacht.

Waren in seinem Ford M 12 (Badewanne) mit Handschaltung und zwei durchgehenden Sitzbänken, auf denen wir bequem schlafen konnten unterwegs. Wir kamen sogar bis Trondheim und haben dort  bei den Rundtouren um den "Torget", wie sie damals bei den "Junioren mit Auto" üblich waren., die "Jente" kennengelernt, die uns im Mai zum Polarkreis begleiteten und dem kranken Wolfgang halfen.

 

Schnee am" Polarcirkelen" Mitte Mai, nicht ungewöhnlich, aber die Straße E 6 war hier noch als schmaler Kiesweg!

 

Dieser Fahrt und die Folgen sind dann ein groß Teil maßgebend für mein späters weiteres Leben in Norwegen.

Die Luft war warm an diesem Tag im Mai am Polarkreis und junge Männer eben sind aktiv!!

 

Wolfgang wurde plötzlich krank und wir wurden eingeladen im trockenen warmen Räumen der Eltern der "Jente" zu schlafen, anstatt in unseren kleinem Zelt auf dem steinigen Boden am Trondheimfjord .

Bild-Url: https://up.picr.de/34949632cj.jpg

Unserer Zeltplatz am Trondheimfjord.

 

Rasch wurde auch Wolfgang wieder fieberfrei und sein Zustand verbesserte sich, worauf wir unsere Tour durch Norwegen fortsetzten.

 

Wolfgang vor der Stabkirche in Lom

 

Wir  fuhren wieder südlicher durch Westnorwegen und dann  in Richtung Schweden.

Dort hatten wir bis Dahlsland am Vännersee zwei Anhalterinnen mit genommen. Eine stammte aus Vancouver und hatte es wohl dem Wolfgang angetan.

Zwei Jahre später kündigte er bei der Polizei und reiste nach Vancouver an die Westküste von Kanada und blieb wohl auch dort

Schade, ich nie mehr von ihm gehört!

 

So ist halt das Leben!!

Das ertse Jahr im Ausbildungszug der 2. Bereitschaft ging zu Ende.

Für mich mit einem sehr gutem Ergebnis und ich bewarb mich zur  5. (Notstands) Bereitschaft.

Die engen Bande der "Stube" 105 gingen verloren, aber es geht im Leben alles immer weiter.

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0